Die internationale Musikwelt wird am 10. September 1960
durch die traurige Nachricht vom Tod Jussi Björlings erschüttert. Nüchtern
betrachtet, trat Nicolai Gedda durchaus die legitime Nachfolge in der Tradition
großer schwedischer Tenöre an. Aber, wie er in seiner Autobio-graphie selber
schreibt: „Schon sehr früh in meiner Laufbahn begriff ich, daß ich nie ein vom
Volk geliebter, nationaler Sänger werden würde.“
Gedda war bereits zu Beginn der 60er-Jahre ein Kosmopolit, ein rastloser
Wanderer von einer internationalen Bühne zur anderen. Man begann, sich um den
sprachbegabten und dazu sympathischen Sänger, nunmehr ein Mittdreißiger, zu
reißen. Entsprechend wuchs seine Gage und er erreichte ein beachtliches
Bankkonto. Aber Gedda hat nie seine Ursprünge vergessen, und wann immer es
ging, kehrte er gerne zurück in das heimatliche Haus seiner Zieheltern.
Seine Engagements multiplizierten sich mit seinem Ruhm. Er konnte es
sich mittlerweile gar leisten, unpassende Angebote schlichtweg abzulehnen. Und
er besaß endlich genug Selbst-vertrauen, um auch Herbert von Karajan einen Korb
zu geben. Zwar sang er unter ihm bei den Salzburger Festspielen 1961 Ottavio in
Mozarts Don Giovanni, aber man begann, sich aus dem Wege zu gehen. Erneut
ein Blick auf Geddas Auftritte von damals: An der Met trat er gemeinsam
mit Renata Tebaldi am 18. Januar in Madama Butterfly auf, mit Mirella
Freni zehn Tage später in L´elisir d´amore. In London war er Tamino
unter Otto Klemperer, in Salzburg der Sänger im Rosenkavalier unter Karl
Böhm. In Stockholm wiederholte er seinen großartigen Hoffmann. Am 11. Februar
1961 stand Gedda neben Eileen Farrell unter Kurt Herbert Adler in Alceste
von Gluck auf der Bühne der Met, und gab am 26. der NewYorkTimes ein ausführliches Interview. Hinzu kamen zwei Aufführungen der Johannes-Passion
mit Jean Martinon in Düsseldorf und Paris, sowie Verdis Requiem unter
Hans Schmidt-Isserstedt in Hamburg.
An verschiedenen Tagen in den Monaten April, Mai und September wurde in
Paris eine seiner bedeutendsten Rezitalplatten eingespielt: GeddaáParis, in Deutschland NicolaiGedda – Berühmte französische
Arien. Das Umschlagbild zeigt einen relaxten Tenor im Schaukelstuhl,
freundlich lächelnd. Der Begleittext auf der Rückseite lehrt uns, daß „der
russische Schwede spezialisiert ist wie kaum ein anderer Tenor der heutigen
Weltelite, viel-leicht nicht einmal die französischen Interpreten dieses
Repertoires... Man kann Gedda sogar den Verdienst zusprechen, durch seinen
Einsatz für Komponisten wie Berlioz, Massenet, Bizet, Gounod und Lalo für eine
Neubesinnung auf die recht eigentlich in Vergessenheit geratene französische
Oper des 19. Jahrhunderts gesorgt zu haben.“ Unter der Leitung von Georges
Prètre sang Gedda, begleitet vom Nationalorchester des französischen Rundfunks,
11 Arien aus Thomas´ Mignon, Berlioz´ Benvenuto Cellini,
Massenets Werther und Manon, Gounods Mireille, Lalos Le
roi d´Ys (Der König von Ys) und seine erste Reprise der Arie des
Postillion – jetzt sehr viel kraftvoller und imposanter als rund 9 Jahre zuvor!
Das hohe D ertönt in strahlender Intensität. Leider drängt Prètre das Orchester
zu aberwitzigen Tempi. Wir wissen von einigen großen Interpreten dieser Arie
(Wachtel, Villabella, Schmidt und Rosvaenge), Gedda übertraf sie hinsichtlich
Leichtigkeit und Ausdrucksnuancen alle! Den Wilhem Meister (Mignon) und
den Mylio (Le roi d´Ys) sollte Gedda nie verkörpern. Den Part des
römischen Goldschmieds Benvenuto Cellini sang Gedda im Sommer 1961 – wieder mit
Prètre – erstmals beim Hollandfestival in Amsterdam in einer prachtvollen
Renaissance-Kulisse. Die Kritiker waren begeistert.
Die Rolle gilt stimmlich als so schwierig, daß es außer Gedda
keinen Tenor mehr gab, der sie nach 1976 singen konnte. Erst in jüngster
Vergangenheit hat sich der Sizilianer Marcello Giordani an der Metropolitan
wieder herangewagt. Nicolai Gedda im November 1999 über Benvenuto Cellini:Eine mörderische Partie, aber gut für meine Stimme. Mich
hat auch dieser Renaissance-Charakter sehr interessiert, der alles umfaßt:
Große Zärtlichkeit und Brutalität bis zum Mord.
Nun ist Benvenuto Cellini ein Werk, daß vom Hörer viel
Musikverständnis und noch mehr Sitzfleisch verlangt. Bevor Nicolai Gedda den
Cellini interpretierte, las er vorab dessen Autobiographie. Cellini war einer
der großen italienischen Künstler, dessen Skulptur PerseusmitdemHauptderMedusa weltbekannt ist. Näheres dazu findet sich
in Geddas Buch. Der Sänger selbst empfand das Werk in einigen Teilen mißglückt,
die Musik aber dennoch phantastisch. Der Cellini ist eine tenorale
Monsterpartie, endlos lang und von gravierenden Stimmanforderungen. Kein
Wunder, daß das Werk nach Geddas Niederlegung so gut wie nicht mehr aufgeführt
wurde.
Auf dem Bildschirm sah man Gedda dann am 27. Oktober zusammen mit
Phyllis Curtin und Theodore Uppmann im spaßigen Schlußtrio aus dem 1. Akt der Fledermaus
bei der Bell-TelephoneHour. Schon im Dezember zeigte er
sich wieder den englischen TV-Zuschauern mit einem BBC-SongRecital,
das von Gerald Moore am Piano begleitet wurde. Es traten auch Joan Sutherland,
Elisabeth Schwarzkopf und Teresa Stich-Randall auf.
Zu Beginn des Jahres 1962 genoß Gedda einen beinahe singulären Ruf als
führender Tenor der Gegenwart. Diverse Rezensenten gaben ihm sogar den Titel KönigderTenöre. Man rühmte weltweit seine intelligente
Phrasierungskunst, seine souveräne Belcanto-Technik und die unglaubliche
Stilsicherheit, mit der er die Musik verschiedenster Epochen bewältigte. Man
redete über ihn, weil er dem gängigen Repertoire immer wieder überraschende
Trouvaillen hinzufügte. Mit besonderer Aufmerksamkeit widmete er sich dem
Operettenfach, das er seit seiner Jugend liebte.
Am 15. Februar nahm er unter Nils Grevillius – Björlings alter
Dirigentenfreund – in Stock-holm einige russische Arien auf, danach begab er
sich auf eine erste Deutschland-Tour. Schon am 13. März 1962 stand er für ein
Operettenkonzert gemeinsam mit Sari Barabas wieder auf der Bühne der Carnegie
Hall in New York. Am 26. und 30. März nahm er in Paris schließlich den letzten
Teil seines französichen Rezitals mit Prètre auf. Den Gérald in der Aufnahme
von Delibes Lakmé fügte er vom
9. bis zum 15. Mai in Paris hinzu, eine Gefälligkeitsarbeit, denn dies ist die
Oper der Sopranistin (hier Janine Micheau), wie später vor allem Joan
Sutherland zeigte. Zwischenzeitlich konnten ihn die Amerikaner wieder in einem
kurzen TV-Segment erleben: Gemeinsam mit der mondän-attraktiven Anna Moffo bot
er am 27. April 1962 die Duettszenen des 1. Aktes aus Verdis La Traviata.
Gedda verkörperte rank und schlank im Frack einen anmutigen Alfredo.
Emotionale Turbulenzen wurden weiterhin durch seine praktisch nicht
existente Ehe und das gespannte Verhältnis zu Karajan verursacht. Das Ende
dieser künstlerischen Verbindung, die immerhin einige gewichtige Erfolge
hervorgebracht hatte, wurde 1962 zum Zeitpunkt der Neuinszenierung von Mozarts Zauberflöte
im Theater an der Wien eingeleitet. Rudolf Hartmann inszenierte diese erste
Vorstellung nach einer umfassenden Renovierung des alt-ehrwürdigen Gebäudes,
die Gedda als „märchenhaft“ bezeichnete. Die Besetzung war hoch eindrucksvoll:
Gottlob Frick war der Sarastro, Ingeborg Hallstein die Königin der Nacht. Die
Pamina wurde von Wilma Lipp verkörpert, Papagena und Papageno waren Graziella
Sciutti und Erich Kunz. Gedda bedauerte sehr, daß von diesem Ereignis keine
Bildaufzeichnung mit-geschnitten wurde. Während der Proben wünschte Karajan die
Teilnahme des Tenors an der Aufführung von Bruckners Te Deum im
Musikvereinssaal. Unter diversen Schwierigkeiten bewältigte Gedda auch noch
diese Aufgabe, aber Karajans Dank galt vor dem Publikum aus-schließlich den
Damen. Gedda fühlte sich brüskiert und zog sich zurück. Er beschloß, nie mehr
mit Karajan zu arbeiten. 1966 trafen sich Maestro und Sänger in Berlin wieder,
und Karajan bat Gedda mit dem Angebot, Schönbergs Gurre-Lieder zu
singen, zu einer privaten Audienz. Als Gedda Zweifel äußerte, ließ der
gekränkte Dirigent den Tenor und seine Gattin wortlos stehen und verschwand aus
dem Hotelzimmer und aus Geddas Leben.
Auch mit der in London produzierten Aufnahme von Die lustige Witwe
unter Lovro von Matacic neigte sich eine Äre ihrem Ende zu: Es war Geddas
letzte Operetteneinspielung mit Elisabeth Schwarzkopf. Wieder sang er den
Camille, die Schwarzkopf natürlich die Hanna und Eberhard Wächter ging als
Danilo ins Maxim.Auch Josef Knapp und Hanni Steffek gehörten zum Ensemble. Es
spielte das Philharmonia Orchestra. Geddas Verbindung mit Walter Legge, den er
als „unerhört wichtigen Mann“ seiner Karriere bezeichnete, neigte sich dem Ende
zu. Legge verfasste gemeinsam mit seiner Frau noch deren Lebenserinnerungen,
die 1982, wenige Jahre nach seinem Tod am 20. März 1979, veröffentlicht wurden.
Nach dem Verscheiden ihres Mannes zog sich Elisabeth Schwarzkopf aus der Öffentlichkeit
zurück.
Die wichtigste Schallplattenaufnahme Geddas 1962 war die unter dem noch
jungen Thomas Schippers in Rom entstandene La Bohème. Ursprünglich
sollte erneut Victoria de los An-geles die Mimi singen, doch sie erkrankte und
die EMI setzte ihre Karten auf Mirella
Freni. Ein guter Griff. Die Freni – zarte 27 Jahre – startete mit dieser
Aufnahme und ihren Auftritten als Mimi an der Scala in der
Zeffirelli/Karajan-Produktion soeben ihre Weltkarriere. Gedda wurde der
poetischste aller Rudolfos, wie Kesting schrieb „mit unendlichen feinen
Differen-zierungen...“. Kaum ein hohes C in der berühmten Arie des Rudolfo
erstrahlte je so strahlend wie das von Gedda. Nur Björling und Wunderlich sind
hier gleichbedeutend. Zur geschickten Vermarktung von Geddas Rudolfo zeigte VoiceofFirestone vorab am 4. 11.1962 das große Finale des 1. Aktes
mit Lisa della Casa im Fernsehen, die Schallplatte erschien kurz darauf. Die
Freni/Gedda/Schippers-Bohème (Marcello war Mario Sereni, Musetta
Mariella Adani) gehört ohne Zweifel in die Phalanx der klassischen
Puccini-Einspielungen und hat ihren Platz neben den Aufnahmen von Beecham,
Serafin und Karajan (Freni/Pavarotti).
Geddas letzte Met-Aufführung 1962 galt dann am 27. Dezember Debussys Pelléas
et Melisande mit Anna Moffo und George London unter der Leitung von Ernest
Anserment. Durch seine zahlreichen Auftritte in jenem Jahr in Wien (Rigoletto,
Zauberflöte, Don Giovanni, Der Rosenkavalier, Mozart-Requiem im
Stefans-Dom) konnte er auch seine deutsprachige Fangemeinde vergrößern. Er war
jetzt 38 und auf dem Höhepunkt seiner stimmlichen Mittel. Nach persönlicher
Ansicht des Verfassers finden sich die überzeugendsten Schallplatten Geddas aus
der Zeit zwischen 1962 bis circa 1968. Die Stimme klang nie wieder so frisch,
kraftvoll und rein wie in diesem Abschnitt. Aber auch damals, auf dem Höhepunkt
seiner noch sehr langen Laufbahn, war der Schwede noch nicht ins
Allgemeinbewußtsein der Hörer gedrungen. Zum einen mag das an seiner Scheuheit
gegen-über der Presse und allem Rummel gelegen haben, andererseits hatte er
auch irgendwie nicht die richtige Vorzeigepartnerin. Wir erinnern uns:
Die Callas bevorzugte di Stefano, Tebaldi bildete mit del Monaco ein Team, und
Geddas Lieblingspartnerin – Victoria de los Angeles – war offen gesagt keine
medienwirksame Femmefatale. Elisabeth Schwarzkopf wurde als
Partnerin nun langsam zu alt. Die bezaubernd anzusehende Mirella Freni ging
schon bald darauf an einen Tenor verloren, der am 29. April 1961 in Reggio
Emilia sein Debüt gegeben hatte, und sich nun anschickte, die Welt zu erobern:
Luciano Pavarotti! An der Seite von Joan Sutherland und unter der Protektion
des Dirigenten Richard Bonynge wurde Pavarotti schnell zum gefeierten Tenor des
wiederentdeckten Belcanto. Damit nahm er Gedda einen Teil der Butter vom Brot.
Noch im Februar und März 1963 war dieser an der Met der Partner der Sutherland
in umjubelten Aufführungen von Bellinis La Sonambula (Die
Nachtwandlerin) unter Silvio Varviso gewesen Ein Mitschnitt dokumentiert
die schier unglaubliche Sicherheit Geddas, mit der dieser die gefürchteten
hohen Zielnoten erreichte. Die entsprechende Plattenaufnahme wurde bei der DECCA aber mit Pavarotti gemacht. Pech für die
EMI, daß nach dem Abgang der Callas die Sutherland ihren Exklusivvertrag bei
der Konkurrenz erfüllte. Was Gedda aber zu jener Zeit wirklich bewältigte,
beweist ein weiterer Mitschnitt vom 18. April aus Philhadelphia: Mit der
Sutherland sang er unter Bonynge Bellinis große Belcanto-Oper I Puritani (Die
Puritaner) und servierte dort ebenso wie im Florenzer Mitschnitt unter Muti
vom Mai 1970, das von Rubini erstmals gesungene hohe F. Gedda bezwang diesen
unmöglichen Ton mit seiner perfekten voixmixte, Pavarotti
blamierte sich später mit einem Falsett. Und die Trouvaillen bildeten weiterhin
einen Schwerpunkt auf Geddas Spielplänen. Bereits am 30. Mai 1963 hörte ihn das
römische Radiopublikum bei der Übertragung einer konzertanten Aufführung von
Berlioz´ Les Troyens (DieTrojaner) – mit der Spezialistin
für ausgestorbene Altrollen, Marilyn Horne sowie Shirley Verrett und Robert
Massard. Berlioz´ Werk basiert auf Teilen der Aeneis von Vergil und
Shakespeares Kaufmann vonVenedig. Die Oper besteht ursprünglich
aus zwei Teilen, die 1863 erstmals in Paris aufgeführt wurden. In Ermangelung
geeigneter Stimmen, ist sie heute von den Spielplänen fast wieder verschwunden.
Ein paar neue Belcanto-Vertreter graben sie aber langsam wieder aus.
Für Gedda hielt das Jahr 1963 zwar die frohe Kunde der nunmehr
rechtsgültigen Trennung von seiner ungeliebten russischen Ehefrau bereit, er
mußte aber auch den Krebstod seines Ziehvaters im Oktober verschmerzen. In
einem letzten Brief an seinen Sohn bat er ihn, er möge wieder heiraten.
Eine neue Beziehung passte aber kaum in den vollen Terminkalender des Sängers:
Am 10. Februar stand er für VoiceofFirestone gemeinsam
mit Roberta Peters und William Walker vor amerikanischen Fernsehkameras, um
Höhepunkte aus Gounods Roméo et Juliette zu präsentieren. In Edinburgh sang er unter Sir Georg Solti La
damnation de Faust, in Genf unter Fournet ebenso wie in Wien unter Prétre
Gounods Faust. Massenets Manon stand in Philhadelphia auf dem
Programm, und Karl Böhm führte mit ihm in München den Don Giovanni auf.
Im heimatlichen Stockholm widmete er sich wieder seiner Lieblingspartie, dem
Lenski in Jewgeni Onjegin (EugenOnegin.) Berichtet wird
zudem von einer Slawischen Messe unter der Leitung von Leonard Bernstein
in New York, eine Zusammenarbeit, an die sich Gedda in seinen Memoiren aber
nicht erinnern kann, da er die erste und einzige künstlerische Verbindung mit
dem genialen Dirigenten auf das Jahr 1989 datiert – bei der konzertanten
Aufführung des Musicals Candide in London.
Im Folgejahr 1964 hatte Gedda einen enormen Bekanntheitsgrad erreicht,
und nicht nur die Angebote wuchsen, sondern auch die einschlägigen
Musikmagazine berichteten in diversen Essays über ihn. So schrieb Friederike
Grassl in Phonoprisma, er sei „eine stattliche, gutaus-sehende,
mittelgroße Erscheinung mit einem stets freundlichen, herzlichen, feinen und symphatischen
Wesen. Er hat eine unvergleichliche Tenorstimme, die alles Schöne, Gute und
menschlich Edle vollendet widerspiegelt. Der bescheidene Künstler würde zu
solchen Kom-plimenten sicherlich schweigen...“ Gedda gestand der Journalistin:
„Die Deutschen sind ein wunderbares Publikum und ihre Tradition ist wohl die
Größte von allen! Hier singe ich be-sonders gerne! Die Amerikaner haben ein zu
geringes Urteilsvermögen, in Italien hört man nur auf die hohen Töne.“
Tatsächlich sollte sich Deutschland bald zu einem Land von ganz
besonderer Bedeutung für Gedda herauskristalisieren. Nach der Trennung von
Legge arbeitete er insbesondere viel mit dem Produzentenpaar Gisela und Helmut
Storjohann zusammen, die bei der EMI von nun an zahlreiche seiner Opern- und Operettenaufnahmen
betreuten.
Am 21. Februar lernt der Sänger in New York in den Räumen der
Schallplattenfirma HMV Anastasia kennen, eine Amerikanerin griechischer
Abstammung. Ihre Eltern waren Zyprioten, die in den 1920er Jahren nach Amerika emigrierten.
Wie er 1981 der Zeitschrift NeuePost erzählte, „war es Liebe auf
den ersten Blick. Ich lud sie in die Oper ein, und so nahmen die Dinge ihren
Lauf. Auf den Tag genau ein Jahr später, am 21. Februar 1965, haben wir dann in
einer russischen Kirche in Stockholm geheiratet.“ Das Paar nahm sich einen
Wohnsitz in der Vorstadt von Stockholm und zog 1968 in ein altes Bauernhaus in
der Schweiz. Geddas attraktive Gattin wurde zu einer allgegenwärtigen
Begleiterin, die nicht selten auf Photos an der Seite ihres berühmten Ehemanns
posierte – sogar auf der Rückseite von Plattenalben! „In Anastasia fand ich die
Frau fürs Leben, ich liebe sie noch wie am Tage unserer ersten Begeg-nung. Sie
ist eine phantastische Frau, die mir nunmehr seit 16 Jahren mit Rat und Tat zur
Seite steht“. Als Gedda 1981 diese
Worte zu einer Reporterin der NeuenPost sprach, bestand die Ehe
in Wahrheit nur noch auf dem Papier. Es war eine glatte Lüge!